Das unsichtbare Netz der Ranchpferde

7. Februar 2023
7. Februar 2023 tierweisheit

Wie wir auf das schmale Brett gekommen sind, weiß ich auch nicht mehr.
Heiß ist mir. Sehr heiß.
Dabei ist es November. Okay, November in Andalusien.
Jedenfalls pausieren meine beiden Mitwanderer und ich jetzt ratlos in den Weiten der Sommerweide der Ranchpferde. Die stehen derweil schön schattig in ihren Corals unten auf der Hacienda.
Wir drei Menschen hatten spontan beschlossen, eine kleine Wanderung zu unternehmen. Die lapidare  Wegbeschreibung eines unserer Miturlauber „Geradeaus, dann rechts halten und einfach dem Pfad folgen“ war dann doch etwas  schwammig, stellen wir gerade fest.
Aber die Aussicht ist herrlich! Das Gelände der Hacienda Buena Suerte umfasst mit den Sommerweiden 200 Hektar Land, auf denen neben wilden, duftenden Kräuterbüschen 3000 Olivenbäume stehen.
„Da sind wir frei, haben Urlaub. Da kommt das Wilde in uns raus.“ habe ich gestern während meiner intuitiven Kommunikation mit dem Kollektiv der Ranchpferde erfahren. Das kann man sich wie bei einer Schulklasse vorstellen: Es gibt eine Art Klassensprecher, der für die gesamte Gruppe „spricht“. Das habe ich zuletzt bei den Schafherden des Archehofes so gehandhabt und sowieso immer, wenn ich eine  allgemeine Information einer großen Tiergruppe erhalten möchte. Es ist das Einfangen einer Stimmung der Tiergemeinschaft, seiner Tendenzen und seiner Art zu sein.
Die Pferde der Hacienda leben jeden Sommer für ein paar Monate auf dieser weitläufigen und urwüchsigen Sommerweide. Dann, wenn es unerträglich heiß wird und es zu mühsam ist, den Alltag zu bestreiten. In Freiheit und unter sich sortieren die Pferde sich neu in Grüppchen innerhalb der Gruppe. Manche genießen zunächst übermütig ihr Freisein, andere stehen erst nur schüchtern am Rand und schauen zu. Die Älteren beobachten gelassen das Treiben der Jüngeren. Und einige wenige gehen nicht mit auf die Sommerweide, weil sie gerade eine Verletzung oder Krankheit kurieren.
Doch sie halten die unsichtbare Verbindung zueinander, auch wenn der Radius in den Sommermonaten größer wird.
In der gestrigen Kommunikation erfuhr ich, dass die Pferde der Ranch einander gewahr bleiben, auch wenn sie sich nicht immer begegnen. Es scheint wie ein Netz aus unsichtbaren Strömungen und fühlt sich an, als seien die Pferde insgesamt wach und aufmerksam füreinander. Nicht abgestumpft oder egal für das, was um sie herum passiert.
Die Begegnungen mit vielen, verschiedenen Menschen während des Alltags im Reitschulbetrieb bringt eine Abwechslung, eine Lebendigkeit mit sich. Sie begreifen sich durchaus als „Arbeits-Familien-Gemeinschaft“. Sowohl von Pferd zu Pferd als auch von Pferd zu Mensch. Durch die Begegnungen von Menschen und Tieren ist eine Geschäftigkeit auf dem Hof, die die Tiere ohne Stress wach hält, erfuhr ich.
Unterdessen haben wir Wanderer beschlossen, besagten Pfad nicht mehr im Gestrüpp zu suchen und uns auf den Rückweg zu machen. Ich werde das Terrain morgen noch einmal auf einem Pferdrücken erkunden.

Bis bald bei den Weisheiten der Tiere!

Maike

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